Comaroma simoni Bertkau
publication ID |
SchusterMoschitz1984 |
DOI |
https://doi.org/10.5281/zenodo.6282541 |
persistent identifier |
https://treatment.plazi.org/id/7D811417-B9BC-4986-D601-5104AB713B93 |
treatment provided by |
Donat |
scientific name |
Comaroma simoni Bertkau |
status |
|
Comaroma simoni Bertkau View in CoL
A) Neue Vorkommen
Oberösterreich:
Ennstal, einige Kilometer südlich Klein-Reifling, jedoch am östlichen Talrand, nahe der Landesgrenze Oberösterreich-Steiermark; Rotbuchenbestand in SW- exponierter Hanglage; Boden relativ steinig, teils mit Gras bewachsen, teils stark verkrautet; Probe RS-1275 (Mischprobe, und zwar Gesiebeprobe von mehreren Stellen im Umkreis von zirka 10 m), 20. Juli 1983 (leg. Krisper und Schuster). Mit diesem Fund ist C. simoni zum ersten Mal für das Bundesland Oberösterreich nachgewiesen; der nächstgelegene steirische Fundort befindet sich ebenfalls im Ennstal, und zwar im Gesäuse (vgl. Abb. 1).
Steiermark: a) SW-Steiermark, östlich der Straße zwischen St. Josef und Wetzelsdorf; Mischwald, vorwiegend Rotbuche, Ahorn und Hainbuche; teils tiefgründiger Boden; Probe (Bodengesiebe) RS-435, 7. Oktober 1973 (leg. Schuster); am 17. September 1981 an dieser Lokalität wiederum gefunden (leg. Schertier). b) Westrand von Graz, über dem Erdbergweg, am N-Abhang des Ölberges; Laubmischwald; Bodenprobeentnahme am 25. April 1978 (leg. Hasenhütl). c) Nordrand von Graz, Kanzel bei Weinzödl; Rotbuchenbestand; in einer Barberfalle, im Zeitraum 31. März bis 15. April 1980 (leg. Horak). d) Mittleres Murtal, Kirchkogel b. Pernegg; Rotbuchenbestand; in einer Barberfalle, im Zeitraum 15. April bis 10. Mai 1980 (leg. Horak). e) Region Neumarkt, Ruine Dürnstein, S Dürnstein; Westhang, Gesträuch (unter anderem Hasel, Esche, Weiden), am Fuß von Felsen, schattig-feucht; Gesiebeprobe, 23. Juni 1980 (leg. Kreissl). f) Obersteiermark, Katschtal, SW Althofen, Laasenbachgraben; NW-Hang mit Mischwald (unter anderem Bergahorn, Hasel, Fichte, Lärche), 840 m; Gesiebeprobe, 22. Mai 1980 (leg. Kreissl). g) Obersteiermark, Erzbachtal, südlich Hieflau; Rotbuchenbestand; Gesiebeprobe, 5. Juli 1981 (leg. Schertier). h) Obersteiermark, Gesäuse, E Gstatterboden; Rotbuchen-Ahorn-Bestand; Gesiebeprobe, 5. und 12. Juli 1981 (leg. Schertier).
Mit diesen neuen Nachweisen ist die Steiermark jenes österreichische Bundesland, aus dem zum gegenwärtigen Zeitpunkt die meisten ComaromaFunde vorliegen. Wie aus der Punktverbreitungskarte ersichtlich ist (Abb. 1), erstreckt sich das Areal dieser Bodenspinne auch in den westlichen Teil der Obersteiermark. Von dort waren bisher keine Vorkommen bekannt gewesen.
B) Morphologie
Körpergröße:
Sowohl die österreichischen als auch die jugoslawischen Tiere weisen eine durchschnittliche Körperlänge von cirka 1,6 mm auf. Um detaillierte Meßwerte zu erhalten, wurden je zehn Männchen und Weibchen (diese mit normalem, das heißt nicht angeschwollenem Opisthosoma) unter dem Stereomikroskop vermessen:
Körperlänge 11,45-1,62 mm (durchschnittlich 1,55 mm)
Körperlänge 1,48-1,65 mm (durchschnittlich 1,59 mm)
Es besteht demnach zwischen beiden Geschlechtern kein auffälliger Größen. Eine Ausnahme bilden eitragende Weibchen; sie erreichen infolge ihres aufgetriebenen Opisthosomas eine größere Gesamtlänge, im vorliegenden Tiermaterial bis 1,9 mm.
Augen:
Alle von uns stichprobenartig überprüften Exemplare weisen folgende Gemeinsamkeiten auf: Sechs der im Normalfall acht Augen sind groß, gut ausgebildet, den größten Durchmesser besitzen die vorderen Seitenaugen (VSA). Im Vergleich dazu sind die vorderen Mittelaugen (VMA) wesentlich kleiner; sie erreichen maximal nur etwas mehr als ein Drittel des Durchmessers der VSA. Auffallend ist die bei den VMA nicht selten zu beobachtende einseitige Größenreduktion; diese kann im Extremfall sogar dazu fuhren, daß nur mehr eines der beiden VMA vorhanden ist (Tafel I: A, B). Auch der Pigmentmantel der VMA ist oftmals einseitig stark reduziert.
C) Lebensweise
Fünf im Juli gefangene Adulti wurden längere Zeit unter Laborbedingungen in Gefangenschaft gehalten. Die Lebensdauer der beiden Männchen betrug 20 beziehungsweise 29 Tage, die der drei Weibchen 12, 44 und 66 Tage. Die nachfolgend mitgeteilten Beobachtungen - sie erfolgten nur sporadisch - wurden an diesen Tieren angestellt.
Gespinste:
Die in den Kunststoffdöschen angelegten Gespinste bestanden jeweils aus mehreren, in einigen Millimetern Höhe horizontal über dem Gipsboden verlaufenden Fäden. Sowohl Männchen als auch Weibchen sind offensichtlich imstande, solche Gespinstfäden zu produzieren. Die wenigen bisher vorliegenden Beobachtungen reichen für eine detaillierte funktionsanatomische Analyse der Comaroma-Gespinste allerdings noch nicht aus.
Ernährung:
Verschiedene Collembolen der Begleitfauna wurden zusammen mit den Spinnen in die Zuchtdöschen eingesetzt. In der Folge wurden des öfteren Spinnen beim Herumtragen arthropleoner Collembolen gesichtet. Das anscheinend nicht umsponnene Beutetier wird dabei von den beiden Cheliceren - diese besitzen am abgeschrägten distalen Rand des Grundgliedes sechs, in zwei Reihen (3 + 3) angeordnete, kegelförmig zugespitzte Dornen - gehalten und von Zeit zu Zeit geknetet. Der dadurch entstandene Brei wird dann allmählich aufgesogen. Der Saugakt ist nach maximal 60 Minuten beendet.
Der Beutefang selbst wurde nie beobachtet. Es kann daher auch nicht gesagt werden, ob vielleicht Spinnfäden als Fanghilfen eine Rolle spielen.
Sinnesleben:
Bei plötzlich einsetzender oder starker Beleuchtung versteckt sich Comaroma unter den angebotenen Rinden- beziehungsweise Laubstücken. Eine mechanische Reizung, etwa Betupfen mit einer Nadel oder ähnlichem, löst in der Regel einen Totstellreflex aus: es werden alle vier Beinpaare eingezogen, und das Tier verharrt längere Zeit, bis zu einer Minute, in dieser Stellung.
Diskussion
Durch die gezieltere Suche in den letzten Jahren ist es nicht nur gelungen, C. simoni erstmals auch in Oberösterreich nachzuweisen - es ist dies gleichzeitig einer der wenigen Funde im Bereich der Nordalpen (vgl. hiezu Thaler 1978) -, es zeichnet sich außerdem ab, daß die Art zumindest im Südosten Österreichs doch weiter verbreitet zu sein scheint, als man dies ursprünglich, aufgrund der außerordentlich geringen Zahl von Fundmeldungen, angenommen hatte. Ein Beispiel dafür ist die Steiermark, von wo bis vor wenigen Jahren nur zwei Fundstellen bekannt waren (s. Thaler 1978). Nach dem derzeitigen Stand unseres Wissens ist jedoch C. simoni in diesem Bundesland nicht mehr als Spinne mit beschränkter Verbreitung anzusehen. Die verhältnismäßig weit gestreuten Fundorte (Abb. 1) deuten vielmehr auf ein ausgedehntes Wohnareal hin, das sich gebietsweise weit in die Obersteiermark und damit in den eigentlichen Alpenraum hinein erstreckt. Es sind aber dort bezeichnenderweise die Talfurchen, in denen Comaroma gefunden wird; in den höheren Lagen, etwa in den subalpinen und alpinen Nadelwäldern, scheint sie zu fehlen.
Die an den neuen Fundstellen gesammelten Tiere stimmen in ihren wesentlichen Merkmalen mit den aus der Literatur zu entnehmenden morphologischen Daten überein. Dies gilt auch für die Ausformung des männlichen Palpus (abgebildet von Thaler 1978), wie stichprobenartige Vergleiche an einigen steirischen Tieren und einem Tier aus Slowenien ergaben.
Die über die Körpergröße von Comaroma vorliegenden Literaturangaben divergieren. Dies findet seine Erklärung darin, daß bei Einbeziehung eitragender Weibchen merklich höhere Meßwerte erzielt werden. Die Körpergrößen der von uns untersuchten Tiere fügen sich in den Variationsbereich der bisher veröffentlichten Größenangaben gut ein.
Unterschiedliche Angaben liegen auch über den Bau der Augen vor. Bertkau 1889: 75 bezeichnet beispielsweise die VMA als "ganz verkümmert«, sie seien nur als "schwarzer Wisch" angedeutet. Ähnlich formuliert es Bösenberg 1903: 126, indem er sie als »verkümmert« ansieht. Wiehle 1960 schreibt hingegen auf Seite 83: "... VMA vollständig degeneriert, meist nur durch einen dunklen Fleck angedeutet...", und einige Zeilen später: "... mitunter noch unmittelbar an der Innenseite der VSA ein Linsenrest zu erkennen ...". Auch Baert und Kekenbosch 1980 diskutieren diese Frage, da sie bei dem einzigen von ihnen in Belgien gefundenen Tier, einem Weibchen, ebenfalls das Fehlen der VMA feststellten. Bei den von uns an einer Anzahl von Tieren beiderlei Geschlechts durchgeführten Untersuchungen fand sich jedoch kein einziges Exemplar mit nur sechs Augen, also mit fehlendem VMA-Paar! Es waren in der Regel beide, wenngleich zumeist ungleich großen VMA, aber mit deutlich wahrnehmbaren Linsen, vorhanden (Tafel I A). Nur in einem einzigen Fall erwies sich eines der beiden VMA völlig reduziert; es fehlte jedweder Linsenrest, und selbst das Pigment bildete nur mehr einen kleinen dunklen Fleck (Tafel I B). Bei den Tieren steirischer und slowenischer Provenienz lautet daher die Augenformel im Normalfall 4 + 4, im Ausnahmefall 3 + 4; im Gegensatz dazu hätte nach Wiehle 1960 sowie Baert und Kekenbosch 1980 die Formel normalerweise 2+4 zu lauten.
Vergleichbare Angaben zur Lebensweise von C. simoni liegen in der Literatur nicht vor. Da unsere Beobachtungen an lebenden Tieren noch als fragmentarisch anzusehen sind, wird zum gegenwärtigen Zeitpunkt auf generalisierende Aussagen verzichtet.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, daß Comaroma simoni trotz der inzwischen entdeckten neuen Vorkommen im Vergleich zu der Häufigkeit anderer Spinnenarten immer noch zu den seltenen Repräsentanten der heimischen Fauna gezählt werden kann. Ihre Seltenheit ist in erster Linie wohl durch die versteckte Lebensweise bedingt. Mit einer ausführlichen monographischen Bearbeitung, deren Ziel es ist, die bestehenden Wissenslücken nach Möglichkeit zu schließen, wird demnächst begonnen.
No known copyright restrictions apply. See Agosti, D., Egloff, W., 2009. Taxonomic information exchange and copyright: the Plazi approach. BMC Research Notes 2009, 2:53 for further explanation.