Epilobium fleischeri HOCHST.
publication ID |
https://doi.org/ 10.5281/zenodo.5279728 |
persistent identifier |
https://treatment.plazi.org/id/205CD470-FFEC-FF82-D292-2F531FFDFB7B |
treatment provided by |
Carolina |
scientific name |
Epilobium fleischeri HOCHST. |
status |
|
Epilobium fleischeri HOCHST. View in CoL
Salzburg: Pinzgau, Hohe Tauern, Granatspitzgruppe, Stubachtal, Eisboden ausserhalb der 1850er Moräne, silikatschottrige Alluvion, ca. 2050 m, 8841/4, 15.07.200 7, leg./det. S. Gewolf, Herbarium S. Gewolf.
Dieser Fund stellt einen neuen nordöstlichen Eckpunkt im alpenweiten Areal von Epilobium fleischeri und zugleich erst den zweiten Nachweis dieser Art im Bundesland Salzburg dar. Sowohl das bis vor kurzem unbekannte Vorkommen im Krimmler Achental (vgl. STÖHR & LATZIN 2006) als auch das neue am Eisboden im Stubachtal deuten stark darauf hin, dass sich dieses vorwiegend westalpine Weidenröschen in aktiver Ausbreitung befindet und sich dabei erfolgreich an dynamischen, offenen Standorten etablieren kann. Untermauert wird diese rezente Ausbreitung dadurch, dass das Ödenwinkelgebiet im Stubachtal seit Beginn des 20. Jhd. immer wieder von mehreren Botanikern gut durchforscht wurde: grössere, universitäre Forschungsarbeiten wurden dabei von ZOLLITSCH (1969), TEUFL (1981) und zuletzt GEWOLF (2003 & 2004) durchgeführt, aber auch etliche Floristen (darunter neben F. Vierhapper und J. Podhorsky auch OS, PP & HW) nahmen die interessante Pflanzenwelt des Gebietes unter die Lupe, sodass hier bereits unzählige Begehungen zu verschiedenen Jahreszeiten durchgeführt wurden, ohne dass jedoch Epilobium fleischeri dabei entdeckt wurde. Dass das Vorkommen bis dato unentdeckt blieb, liegt jedoch sicherlich darin begründet, dass der Wuchsort etwas versteckt bzw. abseits der bestehenden Wege ausserhalb der 1850er Moräne, also ausserhalb des eigentlichen Gletschervorfeldes, liegt. Auch ist die durch S. Gewolf im Zuge ihrer laufenden Forschungsarbeiten entdeckte Population mit schätzungsweise 300 Blühtrieben räumlich noch sehr eng begrenzt (besiedelte Fläche rund 10 m ²), sodass erst vor wenigen Jahren die Etablierung erfolgt sein dürfte.
Zugute kommt der Art die sehr gute Flugfähigkeit der leichten Samen, die mittels Ferntransport sicherlich etliche Kilometer überwinden können. Berechnet man die Distanzen zu den nächsten Vorkommen in Osttirol (vgl. POLATSCHEK 2000), so liegt jenes im Tau- erntal mit rund 12 km Entfernung am nächsten, danach folgen die Vorkommen bei Prossegg (15 km) und Haslach südlich Kals (18 km). Allerdings ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Population am Eisboden sogar durch Samen aus dem letztgenannten Vorkommen entstanden ist, liegt doch der Ödenwinkel direkt jenseits des Kalser Tauern. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang aber, dass das dazwischen liegende Kalser Dorfertal, wo an sich grossflächige potenzielle Lebensräume für Epilobium fleischeri existieren, trotz guter botanischer Durchforschung in den letzten Jahren (vgl. z.B. WITTMANN et al. 2007, STÖHR & DÄMON 2007) bislang keine Vorkommen dieser Art beherbergt. Wir sind der Auffassung, dass es sich bei Epilobium fleischeri um eine Art handelt, die sich innerhalb natürlicher Lebensräume aktuell ausbreitet. Während die in den letzten Jahren beobachteten und zum Teil akribisch erforschten Arealausweitungen im Regelfall nicht heimische Arten an anthropogen überprägten Sekundärstandorten betreffen, liegt hier der bemerkenswerte Fall der Ausbreitung einer heimischen Art in anthropogen unbeeinflussten Habitaten vor. Für derartige Phänomene sind die hoch dynamischen Uferlebensräume der alpinen Flüsse natürlich prädestiniert, schaffen sie doch immer wieder Rohbodenstandorte mit vergleichsweise geringem Konkurrenzdruck, die von gut flugfähigen Samen – wie eben Epilobium fleischeri – leicht besiedelt werden können.
Auch pflanzensoziologisch ist diese Ausbreitungstendenz von Epilobium fleischeri bemerkenswert. So haben wir uns im Zuge eines grossen Kartierungsprojektes im Nationalpark Hohe Tauern ( WITTMANN et al. 2007) immer wieder gefragt, wie man die Saxifraga aizoides -reichen Pflanzengesellschaften an den dynamischen Ufern der Alpenbäche in subalpiner bis alpiner Lage des Ostalpenraumes pflanzensoziologisch taxieren soll. Aufgrund der Artenzusammensetzung kamen wir schliesslich zur Überzeugung, dass es sich dabei vielfach um ein Epilobietum fleischeri mit der fehlenden Charakterart – eben Epilobium fleischeri – handelt. Es ist geradezu faszinierend, dass die Ausbreitungstendenzen von Fleischers Weidenröschen gerade in diesen Phytozönosen Platz greifen, ein biologisches Phänomen, das jedoch die pflanzensoziologische Schlussfolgerung ausserordentlich gut bestätigt.
Schliesslich soll noch erwähnt werden, dass im Herbarium SZB ein von E. Stüber angefertigter Beleg von Epilobium fleischeri liegt, dessen Etikette den Fundort "hinteres Rauriser Tal" aufweist. Dieser Fundort wird von uns hier jedoch nicht akzeptiert, zumal im Zuge derselben Aufsammlung auch andere, in Salzburg sehr seltene und im Raurisertal fehlende westalpine Arten belegt worden sind (z.B. Senecio cordatus ) und somit für alle diese Belege eine Etiketten- bzw. Fundortsverwechslung vorliegen dürfte.
No known copyright restrictions apply. See Agosti, D., Egloff, W., 2009. Taxonomic information exchange and copyright: the Plazi approach. BMC Research Notes 2009, 2:53 for further explanation.